In Göttingen fanden sich zahlreiche Menschen am Gänseliesel zusammen, um gegen die türkischen Angriffe auf Nordostsyrien zu protestieren. Dazu aufgerufen hatten die Initiative „Women Defend Rojava“ und das Bündnis „Defend Kurdistan“.
In der niedersächsischen Stadt Göttingen haben sich am Sonnabendnachmittag rund 60 Menschen am Gänseliesel versammelt, um ihre Solidarität mit den Menschen in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien zum Ausdruck zu bringen und ein Ende der Angriffe zu fordern. Auf dem belebten Platz mitten in der Innenstadt, zwischen Imbissbuden und Eisständen, erregten die Fahnen und Transparente der Demonstrant:innen viel Aufmerksamkeit und zahlreiche der vorbeiziehenden Passant:innen blieben stehen, um den Redebeiträgen zuzuhören. Zu Beginn wurde jedoch mit einer Schweigeminute der Menschen gedacht, die durch die Angriffe des türkischen Regimes getötet worden sind.
Der seit dem 4. Oktober intensivierte völkerrechtswidrige Krieg gegen die Bevölkerung in Nordostsyrien durch den türkischen Staat wird unvermindert weitergeführt. Gezielt bombardiert das NATO-Mitglied Türkei zivile Infrastruktur auf dem Gebiet der Selbstverwaltung. Vor laufender Kamera hatte der türkische Außenminister Hakan Fidan zivile Siedlungen, Kraftwerke, die Wasserversorgung, Energieressourcen und Krankenhäuser zur Infrastruktur von PKK und YPG umgewidmet und zum legitimen Angriffsziel erklärt. Verpackt wurde dies als türkisches Recht auf Selbstverteidigung.
Die Frauenrevolution von Rojava verteidigen
„Die aktuelle Kriegserklärung des türkischen Staates gegen die Selbstverwaltung und Angriffe auf die Infrastruktur Nord- und Ostsyriens sind vor allem ein Angriff auf die Errungenschaften der Frauenrevolution“, sagte eine Aktivistin von Women Defend Rojava. Die aktuellen Luftschläge und Bodenangriffe stellten dabei eine direkte Fortsetzung und Intensivierung eines ohnehin seit Monaten andauernden Drohnenkrieges der Türkei mit gezielten Angriffen gegen führende Frauenpersönlichkeiten und Frauenstrukturen dar. Die Aktivistin rief dazu auf, die Frauenrevolution von Rojava zu verteidigen. Sie gebe Hoffnung und ermutige alle für Freiheit und Frieden kämpfenden Frauen im Nahen Osten und weltweit im Widerstand gegen ein patriarchales Herrschaftssystem, das auf Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung basiere: „Diese Hoffnung müssen wir gemeinsam verteidigen.“
Türkei greift mit deutschen Waffen und deutscher Rückendeckung an
In dem darauffolgenden Redebeitrag von „Defend Kurdistan“ wurde die Wichtigkeit betont, sich zu organisieren und entschlossen gegen die patriarchale und imperialistische Gewalt der Türkei und der ganzen NATO zu stellen. Auch wurde auf die direkte Beteiligung deutscher Firmen wie der Hensoldt AG verwiesen, „ohne deren Zulieferung von Einzelteilen die Drohnen, die Zivilist:innen töten, Krankenhäuser bombardieren und die Strom-, Wasser- und Gasversorgung für Millionen von Menschen zerstören, nicht fliegen könnten“, sagte die Sprecherin von Defend Kurdistan Göttingen. Die Türkei greife Nord- und Ostsyrien mit deutschen Waffen und deutscher Rückendeckung an. „Darum ist es unsere Pflicht, uns auch hier in Deutschland gegen diesen Krieg und die türkischen Verbrechen zu stellen. Der Krieg beginnt hier, darum müssen wir ihn auch hier stoppen“, hieß es weiter.
Zwischen den Redebeiträgen wurde gesungen und lautstark die Beendigung der Angriffe gefordert. Weiter forderten die Aktivist:innen: „Das Schweigen der Weltgemeinschaft zu den Angriffen der Türkei, die bereits in den letzten Jahren mehrfach ungestraft das Völkerrecht gebrochen hat – unter anderem durch Attentate auf Politiker:innen, den Einsatz verbotener chemischer Waffen und durch ethnische Säuberungen in besetzten Gebieten, muss beendet werden.“
Bereits am Donnerstag- und Freitagabend hatten Aktivist:innen Flyer im Göttinger Bahnhof verteilt, um auf die Aggression der Türkei in ihrem Nachbarland aufmerksam zu machen, und waren mit Menschen ins Gespräch gekommen. „Vielen Menschen war gar nicht klar, dass der türkische Staat eine neue Angriffswelle gegen Nord und Ostsyrien gestartet hat“, sagte ein Mitglied von „Defend Kurdistan“. Einige Gesprächsbeteiligte hätten deshalb Frust über die Kriegspolitik des Westens zum Ausdruck gebracht. Einen kraftvollen Abschluss fand die Kundgebung mit Musik und gemeinsamen Tanzen.