Am 30. Juni 1994 wurde der kurdische Jugendliche Halim Dener von einem deutschen Polizisten beim Plakatieren in Hannover erschossen. Sein Tod löste unmittelbar heftige Proteste, eine jahrelange Auseinandersetzung um die Umstände und die Verantwortung der Polizei sowie einen langen Prozess vom Erinnern hin zum würdevollen und aktiven Gedenken aus.
Die Kampagne Halim Dener setzt sich seit 2014 für ein würdevolles Gedenken, öffentliche Aufklärungsarbeit, Gerechtigkeit und Solidarität ein:
Liebe Freund*innen,
Im Sommer 2024 jährt sich der Todestag von Halim Dener zum 30. Mal. Der damals 16 Jährige kurdische Jugendliche wurde am 30. Juni 1994 von einem deutschen Polizisten erschossen. Aus diesem Anlass wollen wir als Kampagne „Halim Dener. Gefoltert. Geflüchtet. Verboten. Erschossen.“ zu der Konferenz am 29. Juni 2024 unter dem Motto „Kämpfe verbinden! In Gedenken an Halim Dener“ einladen.
Der Untertitel unserer Kampagne „Gefoltert. Geflüchtet. Verboten. Erschossen“ bezieht sich auf die verschiedenen Kämpfe, die Halim mit seinem Leben verbunden hat:
gefoltert
Anfang der 1990er Jahre kam es zum Aufstand der kurdischen Bevölkerung. Ein Aufstand, der vom türkischen Staat mit Krieg gegen die Zivilbevölkerung beantwortet wurde. 3500 zerstörte und niedergebrannte Dörfer, zerstörte zivile Infrastruktur, mehr als 3 Millionen Zivilist*innen auf der Flucht. Die Waffen für diesen Krieg lieferte Deutschland. Eine Praxis, die erst unterbrochen wurde, als Bilder von deutschen Panzern, mit denen kurdische Aktivist*innen durch die Straßen geschliffen wurden, an die Weltöffentlichkeit gelangten.
Einer von den vielen, deren Heimatdorf niedergebrannt, die in diesem Krieg festgenommen und gefoltert wurden, war der kurdische Jugendliche Halim Dener.
geflüchtet
Und so gehörte Halim Dener zu den mehr als 300.000 Menschen, die seit Ende der 1980er aus Kurdistan nach Deutschland fliehen mussten.
Doch das Land, in das er 1994 floh, war dasselbe Land, das schon Anfang der 1980er Jahre – nach dem Militärputsch – türkische Linke an die Türkei auslieferte. Es war dasselbe Land, in dem es 1992 zu den Pogromen und Anschlägen in Hoyerswerda, Rostock Lichtenhagen und Mölln kam, und dessen Antwort auf diese Eskalation der Gewalt die Einschränkung des Rechtes auf Asyl war.
verboten
Halim Dener floh in ein Land, in dem die Proteste der kurdischen Bevölkerung gegen die Unterdrückung in ihrer Heimat mit einer beispiellosen Hetzkampagne und dem Verbot der PKK und all ihr nahestehenden Organisationen beantwortet wurden. Kurd*innen = PKK = Terrorist*innen war die Gleichung für eine innerstaatliche Feindeserklärung, die damals wie heute gegenüber den Kurd*innen, ihren Vereinen, Strukturen und Aktivist*innen gilt, und die ein Klima von Hass und Angst geschaffen hat.
erschossen
Diesen Anfeindungen und Repressionen zum Trotz setzte sich Halim auch in der BRD für die kurdische Bewegung ein. Er plakatierte schon wenige Wochen nach seiner Flucht in Hannover Poster mit dem Emblem der ERNK, des (damaligen) politischen Arms der PKK.
Dabei wurde Halim am 30. Juni 1994 von SEK-Polizisten in Zivil überrascht und bei der Festnahme in den Rücken geschossen. An eben dieser Schussverletzung starb Halim nur wenig später. Sinnbildlich für die Situation der in Deutschland lebenden Kurd*innen wurde der Schütze nach einem drei Jahre andauernden Prozess freigesprochen.
Halim Dener repräsentiert in seiner Person viele verschiedene Kämpfe, die hier in der BRD und auf der Welt geführt werden – der Kurdistan-Konflikt, die Frage von Krieg und Flucht, Repression linker Ideen und Organisationen sowie Polizeigewalt.
Wir sehen die viele Gruppen, Initiativen und einzel Personen, die eine Veränderung wollen und an so wichtigen politischen Prozessen und Arbeiten beteiligt sind. Wir sehen zum Beispiel Feministische Gruppen die gegen Feminizide auf die Straße gehen, Ökologische Gruppen die sich ganz klar gegen die Zerstörung der Natur stellen, Gruppen die gegen die Militarisierung und für den Frieden stehen und wir sehen Zusammenhänge zwischen all diesen. Lasst uns Zusammenkommen, voneinander und miteinander lernen, gemeinsame Perspektiven diskutieren, über Gemeinsamkeiten näher zusammenrücken und ganz praktisch unsere KÄMPFE VERBINDEN!
Wir würden uns freuen, wenn auch ihr als Gruppe / Initiative / Organisation zu unserer Konferenz kommt. Die Konferenz findet am Samstag, 29.06.2024 von 10 – 18 Uhr im kleinen Saal des Pavillon (Kulturzentrum Pavillon, Lister Meile 4, 30161 Hannover) statt.
Auch freuen wir uns auf eure Teilnahme an der Demonstration am 06. Juli 2024. Auftakt am Steintor ist um 13 Uhr. Natürlich freuen wir uns darauf, euch an beide Ereignissen zu treffen!!!
Ablauf / Programm
- Einlass ab 10:00 Uhr.
- 10:00 – 11:00 Uhr : Pressekonferenz
- Gespräch mit der Presse u.a. mit:Kampagne Halim Dener
- Flüchtlingsrat NDS
- Kon-Med
- 10:30 – 11:00 Uhr: Begrüßung, Eröffnung
- 11:00 – 12:00 Uhr: aktuelle politische Lage mit Tim Krüger
Tim Krüger ist Aktivist und freier Journalist. er berichtet seit 2015 über die Konflikte und Auseinandersetzungen in Kurdistan und der Region und recherchierte zwischen 2018 und 2021 im Nordirak und in Nordsyrien über den laufenden revolutionären Prozess und gesellschaftlichen Wandel. - 12:00 – 13:30 Uhr: Erste Diskussionsrunde. Themen und Arbeitsgruppen:
- Gefoltert: Rheinmetall Entwaffnen
- Geflüchtet: Flüchtlingsrat NDS
- Verboten: Rechtshilfefonds AZADÎ e.V.
- Erschossen: Solikreis Bilel
- 13:30- 14:30 Uhr: Mittagspause inkl. Mittagessen
- 14:30 – 16:00 Uhr: Zweite Diskussionsrunde (Mit der Möglichkeit, die Gruppe zu wechseln). Themen und Arbeitsgruppen:
- Gefoltert: Rheinmetall Entwaffnen
- Geflüchtet: Flüchtlingsrat NDS
- Verboten: Rechtshilfefonds AZADÎ e.V.
- Erschossen: Solikreis Bilel
- 16:00 – 17:50 Uhr: Rücktrag, Diskussion und gemeinsame Planung
- 17:50 – 18:00 Uhr Abschlussrede und Ende
Ort der Konferenz
Kulturzentrum Pavillon
Lister Meile 4
30161 Hannover
Wir freuen uns auf eure Teilnahme und einen produktiven Austausch!