Auf dem Weihnachtsmarkt in Bremen haben Aktivist:innen mit einer eindrucksvollen Performance gegen die Kriegsverbrechen der Türkei in Kurdistan protestiert und an die Gefallenen erinnert.
Im Rahmen der von Defend Kurdistan ausgerufenen Aktionstage gegen die Chemiewaffeneinsätze der türkischen Armee haben Aktivist:innen am Mittwoch, dem UN-Tag zum Gedenken an alle Opfer chemischer Kriegsführung, mit einer Performance auf dem Weihnachtsmarkt in Bremen auf die völkerrechtswidrigen Angriffe in Nordsyrien und Nordirak aufmerksam gemacht und den Gefallenen gedacht. Die Aktivist:innen trugen weiße Schutzanzüge und hielten Fotos von mit Giftgas getöteten Guerillakämpfer:innen in den Händen. Während der Performance wurden Flyer mit Hintergrundinformationen verteilt und es wurde folgende Erklärung abgespielt:
Bericht einer Kämpferin in den Bergen Kurdistans
In der Anfangsphase des Krieges wurde Chlor verwendet. Geschmack und Geruch dieses Gases erinnerten an Bleichmittel. Das führte zu Brennen in den Augen, Übelkeit, starken Kopfschmerzen, verschwommenem Sehen und Schwäche.
Eine andere Art von Giftgas wurde durch Sauerstoff aktiviert. Dadurch wurde der Sauerstoff in den Tunneln verbraucht und das Atmen fiel schwer. Jeder kann sich vorstellen, welche Auswirkungen es hat, wenn man von der Luft abgeschnitten wird.
Eine weitere Methode war die Verwendung von Teer. Wenn Pech verwendet wurde, entstand ein schwarzer Rauch, der lange Zeit anhielt.
Eine der grausamsten Methoden bestand im Einsatz von Nervengas. Dieses Nervengas war geruchsneutral und hatte eine sehr starke Wirkung. Es verursachte Gedächtnisverlust, betäubte den Körper wie ein Narkotikum, machte ihn lethargisch und beseitigte die Fähigkeit, sich zu bewegen und zu denken.
Einordnung
Während der seit sechs Monaten andauernden Angriffe zwischen dem 14. April und dem 14. Oktober 2022 hat die türkische Armee 2467-mal verbotene Bomben und chemische Waffen eingesetzt. Durch diesen Einsatz sind 27 Genoss:innen bereits bei früheren Angriffen ermordet worden. In jüngster Zeit sind 17 weitere unserer Weggefährt:innen durch dieselben Waffen gefallen.
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW hatte im September eine Delegationsreise in die Kurdistan-Region Irak unternommen, um den Vorwürfen nachzugehen, Bildmaterial zu sichten und Proben zu entnehmen und zu bewerten. Der im Oktober zur Reise veröffentlichte Bericht der IPPNW sieht die Vorwürfe der kurdischen Seite bestätigt und erachtet eine unverzügliche unabhängige internationale Untersuchung als notwendig.
Trotz der belastenden Befunde gegen die türkische Armee wurden bislang keinerlei Schritte durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) oder durch andere internationale Akteure eingeleitet.
Zuletzt hat überraschend eine Mehrheit im irakischen Parlament der Einsetzung eines Sonderausschusses zur Untersuchung von Chemiewaffenangriffen durch die Türkei in der Kurdistan-Region Irak (KRI) zugestimmt.
Deutschlands Rolle
Die Bundesregierung erklärte, sie sehe keinen Anlass für eine internationale Untersuchung des türkischen Chemiewaffeneinsatzes. Die Türkei ist ein wichtiger Bündnispartner Deutschlands. Die Bundesregierung unterstützt das Regime in Ankara politisch, finanziell, aber auch militärisch.
Aktueller Bezug
Seit der Nacht des 19. November bombardiert der türkische Staat großflächig Gebiete in Kurdistan. Auch der Iran greift seit einigen Tagen verschiedene Gebiete an und schlägt Proteste brutal nieder. Mächtige Länder wie die USA, Russland oder auch Deutschland bleiben untätig und kooperieren weiter mit dem faschistischen Regime der Türkei. Obwohl Erdogan sogar offen äußerte, sein Ziel wäre, alle kurdischen Streitkräfte auszurotten.
Forderungen
Wir rufen alle internationalen Organisationen, alle internationalen demokratischen Kräfte, alle Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsaktivist:innen, insbesondere die Vereinten Nationen, dazu auf, Stellung zu beziehen und den Verstößen des türkischen Staates gegen das Völkerrecht und internationale Kriegsrecht Einhalt zu gebieten.
Wir fordern von der Bundesregierung den sofortigen Stopp aller Lieferungen von Waffen und sonstiger Rüstungsgüter an die Türkei, mit denen diese Kriegsverbrechen begeht und das Völkerrecht bricht, den sofortigen Stopp jeglicher wirtschaftlichen und politischen Unterstützung für das diktatorische Erdogan-Regime und eine Untersuchung der türkischen Chemiewaffeneinsätze in Südkurdistan durch eine unabhängige Untersuchungskommission.
Erinnern
Wir sind heute am UN-Tag zum Gedenken für alle Opfer chemischer Kriegsführung im Rahmen der weltweiten Aktionstage gegen den Einsatz von Chemiewaffen in Kurdistan hier. Heute erinnern wir hier an 17 Gefallene, die wie viele weitere durch den Einsatz von Chemiewaffen von der Türkei ermordet wurden:
Rûbar Karker
Cîger Malazgîrt
Helbest Koçerîn
Baz Mordem
Mava Roj
Sedat Demhat
Delal Şoreş
Demhat Têkoşîn
Demhat Cizîr
Zinarîn Cûdî
Rêber Kobanê
Ruksen Zagros
Xemgîn Cizîr
Rêber Roboskî
Serdem Agirî
Mazlum Nisêbîn
Erdal Besta
Die Gefallenen sind unsterblich. We see your crimes! Defend Kurdistan.